Folge 11 Vegane und tierversuchsfreie Kosmetik
Bei veganer Kosmetik sind keine Inhaltsstoffe, die von oder aus Tieren produziert worden sind, enthalten. Vegane Inhaltsstoffe bedeuten nicht automatisch das sie ohne Tierleid produziert worden. Es ist zwischen veganer und oder tierversuchsfreier Kosmetik zu unterscheiden. Dies bedeutet, aber nicht zwangsläufig, dass vegane Kosmetikprodukte gänzlich ohne Tierversuche hergestellt werden. Der Begriff vegan ist nicht geschützt oder durch den Gesetzgeber klar definiert. Bei tierversuchsfreier Kosmetik bedeutet, dass das Produkt nicht an Tieren getestet wurde.
In meiner aktuellen Folge hatte ich euch die INCI Liste genannt.
INCI ist die Abkürzung für „International Nomenclature Cosmetic Ingredients“ – auf Deutsch: Internationale Nomenklatur für kosmetische Inhaltsstoffe. Auf der Internseite der Deutschten Gesellschaft für Hautgesundheit e.V. findet ihr alle
◉ bedenklichen
◉◉ gesundheitsgefährdenden
Inhaltsstoffe.
Alle INCI-Bezeichnungen ohne Kennzeichen sind als unbedenklich eingestuft.
Was ihr über Tierversuche für Kosmetik wissen, solltet:
Täglich nutzen wir unzählige Kosmetikprodukte wie Creme, Zahnpasta, Shampoo, Duschgel, Make up Lippenstift usw. – Niemand möchte, dass für seine täglichen Kosmetika Tiere gequält und getötet werden. Bevor sie auf den Markt kommen, wurden aber viele Produkte und deren Inhaltstoffe an Mäusen, Ratten, Kaninchen und anderen Tieren getestet – für die vermeintliche Verbraucher*innen Sicherheit. Seit Jahrzehnten kämpft der Deutsche Tierschutzbund dafür, dass für Kosmetika keine Tierversuche mehr durchgeführt werden. Keiner möchte, dass für Kosmetik wie Seife, Zahnpasta, Sonnencreme oder Lippenstifte Tiere in Tierversuchen leiden und sterben. Inhaltsstoffe von Kosmetika werden teilweise aber noch immer auf genau diese leidvolle Weise getestet, bevor sie verkauft werden können. Leider verhindert selbst ein EU-weites Tierversuchsverbot für Kosmetika dies bislang nicht. Ihr solltet beim Kauf von Kosmetikprodukten einiges Beachten.
Nach der Europäischen Kosmetikverordnung (Verordnung (EG) Nr. 1223/2009) müssen Sicherheitsnachweise für Kosmetik in der EU seit 2013 zwar ohne Tiere auskommen – aber ob anderweitig Tierversuche gemacht werden, wird nicht beachtet und ist somit auch nicht verboten. Das heißt im Klartext: Der Verkauf von Kosmetik kann in der EU nur dann stattfinden, wenn die erforderten Sicherheitstests ohne Tierversuche auskommen. Solange dies möglich ist, werden zusätzliche Tests mit Tieren ignoriert.
Immerhin hat die EU einen großen Teil dieser Tierversuche verboten. Welche Tierversuche sind in der EU verboten? Seit 2013 gilt laut der EU-Kosmetikrichtlinie in allen Mitgliedsländern ein Tierversuchsverbot für fertige Kosmetikprodukte und deren Inhaltsstoffe. Auch der Verkauf von Kosmetika oder Inhaltsstoffen, für die Tierversuche außerhalb der EU durchgeführt wurden, ist im Staatenbündnis verboten. Außerdem untersagt die Richtlinie Toxizitätstests für Kosmetikprodukte sowie deren Inhaltsstoffe. Bei diesen prüfen Labormitarbeiter*innen beispielsweise, ob ein Stoff sich giftig auf Nachkommen auswirkt.
Und das EU-Recht hat eine weitere Lücke: Kosmetikfirmen dürfen Substanzen verwenden, die in anderen Produkten wie Reinigungsmitteln, Wandfarben oder Medikamenten eingesetzt werden. Diese ganz alltäglichen Stoffe mussten aber eine Reihe von Tests durchlaufen, darunter auch Tierversuche, bevor die Produkte, in denen sie enthalten sind, auf den Markt kommen. Das ist sogar gesetzlich verpflichtend. Leider betrifft dies die Mehrzahl der Inhaltsstoffe. Außerdem sind Tierversuche sogar für rein kosmetisch verwendete Stoffe erlaubt, wenn Labore prüfen müssen, ob die Inhaltsstoffe für die Arbeits- und Umweltsicherheit unbedenklich sind. Somit stecken in einem Großteil der Kosmetika weiterhin Inhaltsstoffe, die in Tierversuchen getestet wurden.
Sind Tierversuche für Kosmetik in Deutschland verboten?
Grundsätzlich ja. Allerdings wird das umfassende Tierversuchsverbot, das seit 2013 in der Europäischen Union (EU) gilt, durch Ausnahmeregelungen untergraben. Einerseits dürfen Unternehmen keine Tierversuche für kosmetische Produkte oder Inhaltsstoffe durchführen. Auch der Verkauf von Kosmetika, die in Ländern außerhalb der EU im Tierversuch getestet wurden, ist verboten. Andererseits gelten diese EU-Verbote nur für neue Produkte und Inhaltsstoffe. Die „alten“ können Kosmetikfirmen, Geschäfte und Onlineshops weiterhin uneingeschränkt verkaufen.
Tierversuche und Kosmetik – Tierversuche für Kosmetik sind nicht verboten – sind jetzt alle Kosmetika tierversuchsfrei?
Leider nicht. Im EU-Ausland, beispielsweise in China, müssen neue Chemikalien aufgrund gesetzlicher Bestimmungen sogar nach wie vor in zahllosen Tierversuchen getestet werden. Die Tierversuchsverbote gelten EU-weit nur für neue Produkte. Die „alten“ dürfen Unternehmen weiterhin uneingeschränkt verkaufen. Zusätzlich erlaubt eine Lücke im EU-Recht, dass Kosmetikhersteller*innen Substanzen verwenden dürfen, die in anderen Produkten wie Reinigungsmitteln, Wandfarben oder Medikamenten eingesetzt werden und für deren Marktzulassung Tierversuche erfolgten. Leider betrifft dies die Mehrzahl der Inhaltsstoffe, sodass mit einem Ende der Tierversuche erst zu rechnen ist, wenn für alle Bereiche der Stoffprüfung tierversuchsfreie Teststrategien zugelassen sind.
REACH-Verordnung ermöglicht Tierversuche für deutsche Kosmetik
Ein weiterer Grund, warum trotz der Regelung von 2013 weiterhin an Tieren getestete Kosmetik in Deutschland erhältlich ist, sind die Anforderungen des europäischen Chemikalienrechts REACH. REACH ist eine Verordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung von Chemikalien aus dem Jahr 2007. [3] Unter dem Deckmantel dieser REACH-Verordnung verlangen europäische Behörden nach wie vor, dass in Kosmetika enthaltene Inhaltsstoffe unter bestimmten Voraussetzungen an Tieren getestet werden. So dürfen – und teilweise müssen – Substanzen, die nicht nur in Kosmetika, sondern auch in anderen Bereichen wie der Industrie oder der Medizin Einsatz finden, nach diesem Chemikalienrecht weiterhin an Tieren getestet werden. [1] Die europäische Beschwerdekammer entschied 2020 sogar, dass dies auch für Inhaltsstoffe gilt, die ausschließlich in Kosmetika verwendet werden.
Zusammengefasst heißt das, dass Kosmetikprodukte im Rahmen der REACH-Verordnung ebenfalls an Tieren getestet werden dürfen und das Tierversuchsverbot der Kosmetikverordnung damit weitgehend ausgehebelt wird. Aus diesem Grund sind auf dem deutschen Markt bis heute Kosmetikprodukte erhältlich, die bzw. deren Inhaltsstoffe an Tieren getestet wurden.
Warum führen Kosmetikhersteller überhaupt Tierversuche durch?
Wenn Kosmetikhersteller ihre Produkte in China auf den Markt bringen wollen, müssen sie diese bei einer Registrierungsbehörde registrieren lassen. Dieser Prozess löst im weiteren Verlauf Tierversuche seitens chinesischer Behörden aus. Hierzu werden in zahlreichen chinesischen Versuchslaboren Mäuse, Ratten, Kaninchen und andere Tiere gequält, indem ihnen Cremes ins Fell gerieben oder Shampoos in die Augen geträufelt werden. Jedes einzelne Produkt muss getestet werden – wer keine Registrierung vorweisen kann, darf seine Produkte in China nicht verkaufen. Trotz der verpflichtenden Tierversuche lockt der chinesische Markt viele Unternehmen, denn er bietet großes Potenzial zur Umsatzsteigerung. [4] Viele große Kosmetikunternehmen, die mit ihren Marken auf dem chinesischen Markt vertreten sind, nehmen Tierversuche somit wissentlich in Kauf, dürfen ihre Produkte aber dennoch weiterhin in Europa vertreiben.
3. Tierversuche bringen finanzielle Vorteile
Ja – Tierversuche sind teurer als tierfreie Sicherheitstests. ABER: Wenn ich meine Produkte nach China exportieren will, muss ich sie an Tieren testen lassen. Das ist zwar erst mal teurer – zahlt sich für Kosmetikfirmen aber recht schnell wieder aus. Denn der chinesische Markt für Kosmetik ist riesig, die Gewinnspanne ist deutlich höher als der finanzielle „Verlust“ durch Tierversuche. Auch gewinnbringende innovative Kosmetik-Rezepturen gleichen die Kosten im Handumdrehen aus, die durch Tierversuche entstanden sind.
Die Behauptung über ein angebliches Verbot von Tierversuchen für Kosmetik hält diesen Fakten leider nicht stand. Somit sind Listen mit Kosmetikherstellern tierversuchsfreier Produkte unerlässlich. Gegenteilige Behauptungen wollen entweder bewusst die Tatsachen verschleiern oder zeugen von mangelnder Kompetenz.
Informiert interessierte Freunde und Bekannte über die Sachverhalte auf!
Die Tierrechtsorganisation PETA hat auf ihrer Homepage zu Tierversuchen und zur Gesezteslage für die Versuchstiere. Absolut lesenswert und lebenswert halte ich diese Seite. Dieser Link zeigt u.A. Versuchstiere für euch als Vorwahnug bevor ihr den angehängten Link drückt.
Quellen
[1] Klarstellung des EU-Gerichts zur Europäischen Kosmetikverordnung: „(…) dass er das Inverkehrbringen von kosmetischen Mitteln (…) verbieten kann, wenn die dabei gewonnenen Daten verwendet werden, um die Sicherheit dieser Mittel im Hinblick auf ihr Inverkehrbringen auf dem Unionsmarkt nachzuweisen.“ (Quelle)
[1] InfoCuria Rechtsprechung (21.09.2016): „Kosmetische Mittel – Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 – Art. 18 Abs. 1 Buchst. b“, Quelle
[2] European Chemicals Agency: „Interface between REACH and Cosmetics regulations“, Quelle